Du hast Dokus über das Transcontinental Race, die Tour Divide und andere epische Ultra-Cycling-Events verschlungen – und jetzt fängst du an, mit dem Gedanken zu spielen, selbst mal eins zu fahren? Willkommen im Club. Dieser Artikel ist kein klassischer „So-startest-du“-Leitfaden, sondern eine Sammlung von Ratschlägen, die dir helfen, den richtigen Einstieg in dein erstes Ultra-Abenteuer zu finden.
Starte mit deinem eigenen Mini-Ultra
Der beste Einstiegstipp, den ich je gehört habe: Veranstalte deine eigenen „Mini-Events“. So sammelst du sofort wertvolle Erfahrung. Es bringt wenig (und ist vielleicht sogar kontraproduktiv), direkt ein offizielles Rennen ins Auge zu fassen, wenn du noch nie ein paar richtig lange Tage im Sattel verbracht hast. Es gibt so viele spannende Routen – fahr sie in deinem eigenen Tempo, wenn es für dich passt, ohne Druck. So lernst du die Basics: Navigation, Biwakieren, Ernährung, Pacing und das Handling unerwarteter Situationen.
Was brauchst du?
Wenn du dir ein bisschen Lesezeit gönnst, kannst du viele Anfängerfehler vermeiden. Was die Ausrüstung für eine erste Übernachtungstour betrifft, haben wir in einem früheren Beitrag bereits alles im Detail behandelt.
Für alles rund ums Thema Verpflegung, Kochen, Packen und Routenplanung schau dir gerne unsere Bikepacking-Serie an – die liefert dir einen soliden Einstieg. Was du sonst noch brauchst? Ehrlich gesagt – keine Ahnung. Ich selbst habe noch kein Ultra-Event gefinisht. Aber ich habe eine Menge spannender Meinungen von Leuten gesammelt, die das bereits mehrfach getan haben. Also überlasse ich ihnen das Wort:
„Jede:r kann es schaffen“
„Das Schöne an Ultra-Distanzen: Jede:r kann es schaffen. Wenn du dir die Athlet:innen in der Szene anschaust, siehst du – es gibt kein Schema. Körperform, Alter, Background – spielt keine Rolle. Wenn du die Leidenschaft hast und bereit bist, große Distanzen zu fahren, musst du dich einfach selbst im Spiegel anschauen und sagen: Das bin ich. Ich kann das. Ich bin ein großer Typ, über 90 Kilo – und ich fahre Ultras.“
– Mark Beaumont (@mrmarkbeaumont)
„Setz dir realistische Ziele“
„Das Wichtigste ist, mit realistischen Zielen an den Start zu gehen. Manche wollen gleich um Top-Platzierungen mitfahren, andere brauchen Zeit zum Reinwachsen. Frag dich: Willst du einfach ankommen, in die Top 10 fahren oder auf’s Podium? Sobald du weißt, was dein Ziel ist, arbeite systematisch darauf hin. Und: Wenn du noch nie 18 Stunden am Stück im Sattel gesessen hast, probier das mal aus. Spür die Druckpunkte an Händen, Füßen, Gesäß. Simuliere, was du im Rennen vorhast. Realismus und Vorbereitung sind der Schlüssel.“
– Sofiane Sehili (@sofianeshl) im Interview mit KS Suspension
„Essen ist ein Job“
„Klar, sich mal zu verfahren kostet Zeit – aber viel schlimmer ist die Frustration, die sich dadurch aufbaut. Du bist einfach konstant erschöpft, und jeder kleine Fehler wiegt dann doppelt.“
„Und: Hör nicht auf zu essen! Ultra-Cycling ist wie ein Vollzeitjob – mit Essen als Hauptaufgabe. Ich hatte irgendwann Erinnerungen programmiert, alle 30 Minuten etwas zu essen. Zusammen mit der Navigation auf der Uhr hat mir das wahrscheinlich Stunden gespart.“
– Daniel Connell (@dirtydanbikes), mehrfacher Top-10-Finisher der Tour Divide
„Mach Negatives zu Positivem“
„Du musst Radfahren wirklich lieben – sonst lohnt sich dieser Aufwand nicht. Du wirst Schmerzen haben, hungrig, durstig sein, und Dinge werden schieflaufen: kein Essen zu finden, Regen, Gegenwind… Der Trick ist: Mach aus der Negativenergie etwas Positives. Wenn du dich nur auf das konzentrierst, was schiefläuft, wirst du wahnsinnig.“
„Und: Du musst mit Einsamkeit umgehen können. Viele fahren immer in Gruppen, aber bei einem Unsupported-Race bist du tagelang allein. Nach drei, vier Tagen spielt dir dein Kopf Streiche – vor allem nachts, wenn es dunkel ist und du nichts siehst oder hörst. Da brauchst du mentale Stärke.“
– Kristof Allegaert (@allegaertk) im Interview mit Outside Magazine
„Ein Fresswettbewerb auf zwei Rädern“
„Wenn du vorn mitfahren willst, zählt jede Minute. Du sprintest in die Tankstelle oder den Supermarkt, stopfst dir die Trikottaschen voll – und weiter geht’s. Ultra-Cycling ist eigentlich ein Wettessen auf zwei Rädern. Ich versuche immer, so viel Nahrung wie möglich mitzunehmen.“
– Sherry Cardona (@sherry.cycling)
„Du kannst mehr, als du denkst“
„Es ist viel leichter, als du denkst – und du bist zu mehr fähig, als du glaubst. Jedes Mal habe ich mich selbst überrascht. Vor allem Frauen stellen mir fast immer dieselben Fragen: Ist das nicht zu gefährlich? Ist es sicher? Aber ehrlich: Das Sicherheitsrisiko macht vielleicht 0,5 % eines Rennens aus.“
– Emily Chappell (@emilyofchappell) im Interview mit Outside Magazine
Fazit:
Starte klein, wachse langsam – und mach dich frei von Vorstellungen, wie du aussehen, fahren oder performen musst. Ultra-Cycling ist nicht elitär, sondern offen für alle, die bereit sind, sich selbst zu fordern.