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Road to the Tour: Was können wir von Wout van Aert erwarten?

Von Siegfried Mortkowitz

Nach einem katastrophalen Jahr 2024 scheint Wout van Aert pünktlich zur Tour de France wieder in Topform zu kommen – und mit ihm das Team Visma–Lease a Bike. Der 30-jährige Belgier zeigt sich rechtzeitig zur wichtigsten Rundfahrt des Jahres wieder von seiner besten Seite.

Zurück im Rennen: Der Giro als Wendepunkt

Nachdem seine Frühjahrs-Klassiker eher durchwachsen verliefen, zeigte van Aert beim Giro d’Italia, dass mit ihm wieder zu rechnen ist: ein Etappensieg, zwei Podiumsplätze und Rang drei in der Punktewertung sprechen für sich. Doch am meisten beeindruckte seine Rolle in der vorletzten Etappe: Dort wartete er auf Teamkollege Simon Yates und fuhr ihn 16 der letzten 20 Kilometer quasi im Alleingang zum Gesamtsieg. Am Finaltag zog er zudem noch einen bärenstarken Sprintzug für Olav Kooij auf – Teamgeist pur.

Edelhelfer oder Etappenjäger?

In Topform ist van Aert ein Gamechanger. Ob flach, hügelig oder bergig – er fährt überall vorn mit. Seine Vielseitigkeit ist gleichzeitig sein Dilemma: Eigene Ambitionen stehen oft im Konflikt mit Teamaufgaben. 2024 wird er voraussichtlich wieder als Schlüsselhelfer für Jonas Vingegaard eingesetzt – besonders im Kampf gegen Top-Favorit Tadej Pogačar (UAE Team Emirates–XRG).

Wie das Critérium du Dauphiné zeigte, ist Pogačar derzeit deutlich stärker als Vingegaard. Umso mehr wird van Aerts Unterstützung in den Bergen gebraucht. Trotzdem: Sollte sich eine Chance auf einen Etappensieg bieten – sei es im Sprint oder aus einer Fluchtgruppe heraus – wird er sie nutzen wollen.

Grünes Trikot? Vielleicht…

Da Olav Kooij die Tour offenbar nicht fährt, könnte van Aert erneut auf das grüne Trikot schielen. Doch der Konkurrenzkampf ist hart: Mit Tim Merlier, Jasper Philipsen, Jonathan Milan und Vorjahressieger Biniam Girmay ist die Sprintelite vertreten. Van Aert hat zwischen 2019 und 2022 neun Tour-Etappen gewonnen – seitdem aber keine mehr. Motivation dürfte also genug vorhanden sein.

Vorteil Puncheure – dank neuer Punktewertung

Wie IDL Pro Cycling berichtet, spielt das neue Punktesystem eher den Puncheuren in die Karten. Elf Etappen (Kategorie 1 und 2) vergeben 50 Punkte an den Sieger – darunter Etappen mit steilen Finals wie die Mûr-de-Bretagne oder die Schlussrunde in Paris mit drei Anstiegen zur Butte Montmartre. Solche Etappen sind nichts für klassische Sprinter – hier könnte van Aert glänzen.

Volle Präsenz – in jeder Rolle

Trotz aller möglichen Solo-Erfolge wird van Aerts Hauptaufgabe wohl sein, in den Bergen das Tempo für Vingegaard zu diktieren und die Konkurrenz – allen voran UAE – weichzuklopfen. In welcher Rolle auch immer: Man wird Wout van Aert bei dieser Tour oft zu sehen bekommen. Und das macht das Rennen umso spannender.